DAS SOUNDDEPARTEMENT IM ABLAUF DER FILMHERSTELLUNG

An der Tonspur eines kommerziell hergestellten Filmes sind heute in der Regel eine ganze Reihe von Filmschaffenden beteiligt, angefangen vom Settonmeister, der zusammen mit seinen Assistenten während der Dreharbeiten den Originalton aufnimmt, bis hin zum Dolby-Consultant, der den technischen Transfer des fertig gemischten Mehrkanaltons vom Tonstudio zum Kopierwerk betreut. Dabei vergehen vom ersten Drehtag bis zur Endmischung meist mehrere Monate während dieser das Tonmaterial diverseste Transformationen erfährt.

Das Sounddepartement eines Mainstream-Hollywoodfilmes umfasst nicht selten mehr als zwanzig Personen, allerdings sind europäische Departements in der Regel um einiges kleiner. Dies ist jedoch nicht etwa auf "weniger" Tonbearbeitung zurückzuführen, sondern hat mit den grundsätzlich verschiedenen Arbeitsbedingungen in der amerikanischen und der europäischen Filmindustrie zu tun. Während in den USA ein einzelner Soundeditor oft nur ein ganz bestimmtes Teilgebiet der Tongestaltung betreut, übernimmt ein europäischer Toncutter meist wesentlich mehr Aufgaben, womit erklärt werden kann, warum hierzulande oft nicht mehr als zwei oder drei Personen das gesamte Sounddesign eines Filmes zu verantworten haben.

Der Arbeitsablauf der Filmtonbearbeitung ist jedoch auf beiden Seiten des Atlantiks gleich und kann wie folgt dargestellt werden.

(Gelbe Felder bezeichnen Abteilungen des Sounddesign-Departments und können als Links verwendet werden.)

SounddesignerIn

The "head of the heard". Ihm unterstehen sämtliche anderen Abteilungen und er ist es, der ihre Arbeiten zu koordinieren und gegebenenfalls zu überwachen hat. In Zusammenarbeit mit der Produktion hat er für einen reibungslosen Ablauf der Tonpostproduktion zu sorgen. In erster Linie ist er jedoch der engste Mitarbeiter der Regie in Sachen Filmton und er trägt die zentrale künstlerische Verantwortung für die Gestaltung der Tonebene des Films bis hin zur Mischung. Ihm obliegt es, ein tonästhetisches Gesamtkonzept zu entwerfen und umzusetzen. Dabei arbeitet er ebenso eng mit dem Mischtonmeister und (im Idealfall) dem Komponisten zusammen und fungiert als Ansprechpartner für alle, die mittelbar oder unmittelbar in die Tonbearbeitung involviert sind.

In Österreich ist es üblich, dass der Sounddesigner gleichzeitig einen oder mehrere Bereiche der Tongestaltung selbst übernimmt, sei es der Dialogschnitt, die Montage der Toneffekte, der Atmosphären oder alles zusammen. Wie er sein Department letztendlich aufteilt, welche Bereiche er abgibt und welche er selbst betreut ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich und richtet sich oft nach äußeren Faktoren, wie etwa dem Zeitrahmen, der für die Tongestaltung zur Verfügung steht.

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Dialog-CutterIn

Verantwortlich für die Montage des Originaltons, versucht der Dialog-Cutter nach Möglichkeit alles von den Originaltonspuren zu separieren, was nicht Sprache ist. Er entfernt Störgeräusche, ersetzt mangelhafte Dialogpassagen und montiert dazu vorhandene Original-Nurtöne, sogenannte wild tracks. Dialogteile die nicht reparierbar sind, werden von ihm, nach Absprache mit Regie und Produktion, zur Nachsynchronisation bestimmt.

Seine Arbeit zielt darauf ab, dem Mischtonmeister die Möglichkeit zu geben, den Dialog einer bevorzugten Behandlung hinsichtlich Klang und Sprachverständlichkeit zu unterziehen, ohne dabei andere Klangelemente in Mitleidenschaft zu ziehen.

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ADR-CutterIn

ADR ist eine Abkürzung für Additional Dialog Recording, eine Bezeichnung für Sprachsynchronisation die sich inzwischen auch international durchgesetzt hat. Der ADR-Cutter ist also derjenige, der mit der Vorbereitung, Durchführung und Montage derselben betraut ist. Seine Arbeit beginnt mit dem sogenannten Taken, der Aufbereitung der betreffenden Dialogteile in Schleifen - eine Bezeichnung, die noch aus jenen (gar nicht so fernen) Tagen kommt, als Filme noch am Schneidetisch geschnitten wurden. Während der eigentlichen Synchronisation hat er das aufgenommene Material hinsichtlich Lippensynchronität und die Regie unterstützend hinsichtlich Ausdruck zu bewerten, um letztendlich sicherstellen zu können, dass die Synchronisation später nicht als solche zu erkennen ist. Zu diesem Zweck passt er das Material so genau wie möglich an die ursprünglichen Lippenbewegungen an und arbeitet sich dabei oft Buchstabe für Buchstabe voran. Nach erfolgter Montage übergibt er den fertigen ADR-Schnitt dem Dialog-Cutter, der ihn mit dem Originaldialog zur Mischung bringt.

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Sfx-CutterIn

Der Sfx-Cutter kümmert sich, grob gesagt, um alle Toneffekte. Darunter sind aber nicht nur Spezialtoneffekte wie z.B. Schläge, Schüsse, Laserschwerter und fliegende Untertassen gemeint, sondern auch alle übrigen Archiv- oder Originalgeräusche, die im Verlauf einer Szene auftreten, also Türen, Autos, Lichtschalter und so weiter. Erst diese Arbeit verleiht bestimmten Requisiten ihren ganz besonderen Charakter, wodurch der Sfx-Cutter wesentlich dazu beiträgt, einen Gegenstand oder ein ganzes Set glaubwürdig und spannend zugleich zu gestalten. Was wäre etwa eine von Geisterhand sich öffnende Türe ohne ihr bedrohlich leises Knarzen oder eine Autoverfolgung ohne quietschende Reifen?
Der Sfx-Cutter verfügt über ein großes Repertoire eine Szene durch den gezielten Einsatz akustischer Mittel zu beeinflussen - ebenso groß ist deshalb auch seine Verantwortung dem gesamten Werk gegenüber. Unangebrachte Übertreibung fällt nämlich meist ebenso negativ auf, wie das unnatürliche Fehlen von Geräuschen.

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Ambience-CutterIn

Der Ambience-Cutter steht vor einer ähnlichen Herausforderung wie der Sfx-Cutter, was die Charakterisierung gesamter Szenen betrifft, nur dass er sich nicht um einmalig auftretende, spezifizierbare Geräusche sondern um mehr oder weniger konstante Umgebungsgeräusche kümmert. Der englische Ausdruck ambience trifft so gesehen sehr genau zu, wohingegen die deutschsprachige Bezeichnung Atmo-Schnitt eher ein Ausdruck für die beabsichtigte Wirkung dieses Schnittbereichs darstellt. Mit der Ausgestaltung dieser Tonebene einer Szene werden nämlich nicht nur Ort, Zeit und Kontinuität des Filmgeschehens definiert, sondern sie trägt eben tatsächlich wesentlich zur "Atmosphäre" einer Szene bei.
Der Ambience-Cutter muss also sehr genau darauf achten, die beabsichtigte Narration einer Szene mit seiner Arbeit in die richtige Richtung zu lenken, oder zumindest nicht zu stören. Als Erfolg kann er deshalb meist nur verbuchen, wenn seine Arbeit gar nicht eigens wahrgenommen wird - wenn also am Ende seiner Arbeit alles so klingt, als wäre es nie anders gewesen. Das gilt zwar grundsätzlich für jeden Bereich der Tongestaltung, doch am meistens sicherlich für die Atmosphären, die als nicht wegzudenkender Teil eines harmonischen Ganzen erscheinen müssen und ihren so bestimmenden Einfluss nur im Verborgenen ausüben dürfen.

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Foley-CutterIn

Der Foley-Cutter schneidet jene Geräusche, die während einer Geräuschsynchronisation aufgenommen werden, so perfekt zum Bild und bereits auf dem Originalton vorhandenen Geräuschen, dass sie letztendlich nicht mehr davon zu unterscheiden sind. Dabei kommt ihm zwar der Synchronitätseffekt zugute, der uns Menschen veranlasst, ein Geräusch mit einem Bild zu identifizieren, sofern zwischen diesen beiden absolute Synchronität herrscht - es bedeutet aber auch, dass der Foley-Cutter sehr präzise arbeiten muss, da seine Arbeit sonst entlarvt wäre und asynchron erlebte Geräusche die Zuschauer unnötig von der Handlung ablenken würden. Untersuchungen habe ergeben, dass selbst kleinste Abweichungen von der Synchronität, auch wenn sie von einem in dieser Hinsicht ungeübten Publikum noch nicht als solche erkannt werden, zu merklichem Konzentrationsverlust und Verunsichrungen führen können, die soweit gehen, dass die gezeigte Handlung als weniger glaubhaft empfunden wird.

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Foley-Artist

Der erste legendäre Geräuschemacher war Jack Foley und er gab seiner Zunft auch den Namen. Gleich zu Beginn der Tonfilmära wandte er sich nach zahlreichen anderen Filmerfahrungen der Herstellung von nachsynchronisierten Geräuschen zu und so eigenartig es klingen mag: im Grunde wird heute noch immer dieselbe Technik angewandt, die Jack Foley damals entwickelte. Zu wiederkehrend ablaufenden Filmsequenzen werden Schritte, Bewegungen, Kleiderrascheln, Türklinken und so weiter mit Mitteln erzeugt, die an Originalität nichts zu wünschen übrig lassen. Die Zahl der Melonen und Kohlköpfe, die in den Tonstudios der Welt bereits zerlegt wurden, um die grauenhaftesten Körperverstümmelungen zu vertonen, ist wohl Legion. Der Erfolg dieser Kreationen ist aber oft dermaßen überwältigend, dass es nicht wenige "künstliche" Geräusche gibt, die bereits so sehr zur akustischen Konvention geworden sind, dass wir sogar bereit sind, zu glauben das Ereignis klänge auch in Wirklichkeit so, wie wir es vom Film her kennen.

Der Foley-Artist oder Geräuschemacher ist zwar nicht unmittelbarer Teil des Tonschnittdepartments, aber seine Arbeit ist so eng mit jener des Sounddesigners verknüpft, dass seine Nennung hier mehr als gerechtfertig ist. In der Regel ist die Geräuschsynchronisation nämlich eine Zusammenarbeit zwischen Foley-Artist, Foley-Cutter und Foley-Aufnahmetonmeister. Es existieren aber auch nicht wenige Foley-Artisten, die sich nicht nur auf die Erzeugung "natürlicher" Geräusche beschränken, sondern darüber hinaus auch mit elektronischen Mitteln Sounds kreieren, variieren und auch selbst anlegen.

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Music-CutterIn

Wie schon der Name verrät, ist der Music-Cutter für das Anlegen der Musik verantwortlich. Zwar bestimmt in der Regel der Komponist selbst, wann genau ein Musikstück einsetzt und wann es zu enden hat, der Musik-Cutter ist jedoch dafür verantwortlich diese Vorgaben technisch umzusetzen, da die Musik normalerweise nicht dort produziert wird, wo das Sounddesign stattfindet. Darum verfügt der Komponist während der Musikherstellung nicht über das umfassende Tonmaterial, das am Ende, also beim Anlegen des endgültigen Soundtracks am Schnittplatz vorhanden und der Cutter hat deshalb auch die Aufgabe, mögliche störende Parallelitäten zu erkennen, zu kommunizieren oder gegebenenfalls selbst zu beseitigen, indem er die Musik optimal positioniert.

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